Gräbendorfer Weingeschichte

„Ein kleiner Weinberg nah des Weinstocks Grenze,
aufs neu‘ bepflanzt, wo Reben sonst sich wanden,
die Winzer fröhlich an die Pfähle banden,
erfreut im Herbste mehr als im Lenze

Verfasser unbekannt, 1901

Blütezeit des Brandenburger Weinbaus

15. Jahrhundert

Mit der Übernahme der Landesherrschaft durch die Hohenzollern erlebte auch der märkische Weinbau einen Aufschwung. Insbesondere südlich von Berlin – in und um Potsdam, Treuenbrietzen, Zossen, Fürstenwalde, Frankfurt/Oder und anderen Orten – ließen die ersten Kurfürsten Weinberge mit fränkischen Weinstöcken anlegen. 

Ein Weinberg bei Gräbendorf

1679 – 1720

Ausschnitt aus der Schmettauschen Karte (1767 – 1787)

Erste historische Belege für die Existenz eines Weinbergs unweit von Gräbendorf reichen bis in das Jahr 1679 zurück. Historische Karten wie beispielsweise, die Schmettausche Karte (entstanden zwischen 1767 und 1787), weisen nordwestlich des einstigen slawischen Runddorfes einen solchen Weinberg aus. Er gehörte zum Grundbesitz der Familie von Schenken. 

Zu dieser Zeit wurde vielerorts südlich von Berlin Weinbau betrieben. Vor allem auf den Hügeln rund um Teupitz, Bestensee und Gräbendorf gab es Weinberge mit einer Gesamtfläche von 135 Morgen.

Königlicher Weinbau

1720 – 1811

Friedrich Wilhelm I. (Gemälde von Antoine Pesne, um 1733)

Im Jahre 1720 verkaufte Ludwig von Schenken die Herrschaft Teupitz an König Friedrich Wilhelm I. in Preußen für 54.000 Taler. Somit wechselte auch der Weinberg zu Gräbendorf seinen Besitzer und gehörte fortan zu den Gütern des Königs. Der König selbst kannte die Ländereien gut, da sie sich in unmittelbarer Nähe seines Jagdgebiets in der Dubrow befanden. 

Die Wechseljahre

1811 – 1888

Um einen drohenden Staatsbankrott zu verhindern, verkaufte König Friedrich Wilhelm III. eine Vielzahl seiner Ländereien – so auch den Weinberg zu Gräbendorf. Im Zuge dessen erwarb der damalige Oberförster Eger diesen mitsamt dem Königlichen Gut. In den Folgejahren wechselte der Weinberg des Öfteren den Besitzer. 

In den 1860er Jahren gelangte der Weinberg u.a. in den Besitz der Familie Mohr. Die Chronisten der damaligen Zeit beschreiben hier insbesondere für das Jahr 1868 die Kultur von Weinreben durch den Büdner Mohr auf der damals allgemein als „Hanne Weinberg“ bekannten Weinbaufläche. 

Eine Villa mit Weingarten

1888 – 1899

Villa Fink in Gräbendorf (Foto: Verlag von Hessling & Spiemeyer; Berlin und New York)

Am 1. Oktober 1888 erwarb Prinz Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen das Gut Gräbendorf nebst Weinberg und ließ dieses ab 1890 durch einen Administrator namens Weihe verwalten. Diese Ländereien sowie eine in der Nähe befindliche Ziegelei waren für den Prinzen deshalb interessant geworden, da ihm sein zwielichtiger Generalbevollmächtigte Premier Leutnant von Fink unter Vorspiegelung falscher Tatsachen glaubhaft machen konnte, dass sich hier größere Tonvorkommen von höchster Güte befänden. Zwar wurde unweit des Gräbendorfer Tonbergs (wie der Weinbergs früher hieß) Ton gefunden, aber nicht in der in Aussicht gestellten Menge und Qualität. Profiteur dieses Schwindels war dabei der Premier Leutnant höchstselbst, welcher dem Prinzen die Liegenschaften für überhöhte 500.000 Mark verkaufte und auf der Anhöhe des Weinbergs infolge dessen eine Villa errichten ließ. Diese stammt ursprünglich aus Amerika und war per Schiff von dort nach Europa transportiert worden. 

Im Jahre 1892 erwarb Prinz Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen auch die einstige Villa Fink. Hinter dieser Villa ließ er einen dampfbetriebenen Weingarten mit hochmoderner Bewässerungstechnik anlegen. Mithilfe eines unterirdischen Rohrsystems wurde das Wasser aus dem Brunnen in eine Zisterne auf dem „Gipfel“ gepumpt und von dort den Reben zugeführt. Noch heute sind die Hydranten, Wasserhähne und unterirdischen Rohrleitungen vorhanden und zeugen von dieser aufwendigen Art der Weinkultur. Auch hinsichtlich der Gestaltung des Weingartens scheute der Prinz weder Kosten noch Mühen und ließ eigens hierfür aus der Schwäbischen Alb Muschelkalkquader sowie rötliche Schilfsandsteinplatten anliefern. Mit den Muschelkalkquadern, den Schilfsandsteinplatten und Granitsteinen aus den hiesigen Endmoränen modellierte der Prinz den Weingarten mit gestalterischen Anleihen aus seiner Heimat. 

Der vergessene Weinberg

1899 – 2018

Nachdem der Prinz fluchtartig das Land verlassen musste, verkaufte er im Jahre 1899 die unrentable Ziegelei, den Gutshof, die Villa sowie den Weinberg. Zwar wechselte der Weinberg in den Folgejahren erneut des Öfteren den Besitzer, eine längerfristige Nutzung als Weinberg ist jedoch nicht mehr belegt. 

Zu Zeiten der DDR war auf dem Weinberg die Post untergebracht. Darüber hinaus hielt hier ab den 1960er Jahren das Betriebsheim des Kombinats VEB Robotron-Betrieb Berlin Einzug.  Und abgesehen von ein paar Straßenschildern erinnerte hier auch nach der politischen Wende lange Zeit nichts mehr an die einstige Weinbautradition.

Die Zukunft gehört dem Wein

2018 – 2021

Seit dem Jahre 2018 wird unweit von Gräbendorf wieder Wein kultiviert. Mit Hilfe der Flächenagentur Brandenburg GmbH pflanzten die Gärtnerinnen und Gärtner der Mosaik-Berlin gGmbH auf dem einstigen Weinberg wieder Reben und knüpften damit wieder an eine fast schon vergessene Tradition an. Die letzten der mehr als 2.100 Reben setzte der damalige brandenburgische Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger im Beisein der beiden Geschäftsführer, der Flächenagentur Brandenburg GmbH Anne Schöps, und der Mosaik Berlin gGmbH, Frank Jeromin. Zwei Jahre später konnten sogar schon die ersten Trauben gelesen werden. 

Pflanzaktion auf dem Gräbendorfer Weinberg mit dem brandenburgischen Landwirtschaftsminister Vogelsänger (Fotos: Mosaik-Berlin gGmbH)